Entlassungstag: Neubeginn und Konfrontation mit der Spielsucht

Warnhinweis: Dieser Beitrag kann auf empfindliche Personen belastend wirken!

Weitere Hinweise über diese Reihe finden Sie in unserem Blogbeitrag Vorwort Spielerreportagen.

Als er nach 2 1/2 Jahren aus der Justizvollzugsanstalt Schwerte entlassen wird, wartet niemand auf ihn am Entlassungstag. Es ist der Beginn eines Neubeginns, eine Konfrontation mit der alten Welt, die er hinter sich gelassen hat.

Klaro, all meine Freunde sind bei der Halle! “Eigentlich möchte er auch sofort los. Er schüttelt den Kopf.Nein, erst muss ich an mich selber denken. Arbeitslos melden, Stütze beantragen und so. Aber dann!”

Nach dem Ämtermarathon, rennt er fast zur Spielhalle. Von weitem schon sieht er die
buntschillernden Schilder „Heute Neueröffnung. Gratiskaffee und Freispiele. Gewinnen,
Gewinnen, Gewinnen. Herzlich Willkommen!!!!“

Ein paar Freunde und viele Unbekannte stehen vor dem Eingang. Fritz, Monika und Peter,
Spieler aus seiner Selbsthilfegruppe. Selbst Lutz, der sich niemals als Spieler outen wollte, ist da. In der zweiten Reihe, leicht verdeckt. Aber er ist dabei. Herr Krüger auch, der Lehrer der Schulklasse, in der er vor drei Monaten als Freigänger einen Vortrag über seine Erfahrungen, über Glücksspielsucht, gehalten hatte. Sogar ein paar der Schüler erkennt er wieder.

Eine ältere Frau redet auf ihre Nebenleute ein. Sie stünde deshalb hier, weil ihr Enkel seit
Jahren in Spielhallen sitzt. Sie könne und will ihm nicht mehr helfen, Spielhallen zu verlassen,
aber vielleicht anderen, Spielhallen erst gar nicht zu betreten. Eine Frau hält ein selbstgemaltes Pappschild hoch: „Ein solcher Glitzertempel tötete unsere Ehe. Wann deine?“

Einige verlegene Polizisten halten eine schmale, ungenutzte Gasse zum Spielhalleneingang
frei.

Er reiht sich wie selbstverständlich in die Menschenkette ein. `Jeder der an mir vorbei will, muss sich erst mal anhören, was ich gewonnen habe. Vielleicht hat er dann keinen Bock mehr, sich in dieser Bude fertig zu machen´, nimmt er sich vor und hakt sich fest bei seinem Nebenmann unter.

Seit Jahren fühlt er sich nicht mehr so frei, so stark, so glücklich und so hoffnungsvoll.