Alle Jahre wieder: Inmitten weihnachtlicher Hoffnungen und Enttäuschungen

Warnhinweis: Dieser Beitrag kann auf empfindliche Personen belastend wirken!

Weitere Hinweise über diese Reihe finden Sie in unserem Blogbeitrag Vorwort Spielerreportagen.

Inmitten weihnachtlicher Hoffnungen und Enttäuschungen erlebte sie die Feiertage. Der recht ansehnlich erhaltene Tannenbaum war organisiert. Kaum abgenadelt.

Wenn die Weihnachtsmarktbuden am 23. Dezember abgebaut wurden, blieben immer
einige ausrangierte Dekorationsbäume auf dem Platz zurück. Sie hatte routiniert den
alljährlichen Wettlauf mit der städtischen Müllabfuhr gewonnen.

1,95 € für die garantiert tropffreien Kerzen von ALDI und noch fünf wunderschöne dicke rote
Christbaumkugeln aus der Erbmasse ihrer Eltern. „Im letzten Jahr waren es noch sechs“. Sie
spürte die Erinnerung an die zerbrochene, unersetzliche Kugel schmerzhaft körperlich.

Er legte das Smartphone zur Seite, zerknüllte den Wettschein und eher beiläufig: „Jetzt
kannst du die Kerzen anzünden“.

Als die Kerzen flackernd satt tropften, die roten Kugeln mild sanft schimmerten, verlor sie
sich für einen Augenblick an einen Traum…

„Ach ja, dein Geschenk“.

Wortlos nahm sie den Briefumschlag, öffnete ihn und fühlte sich endlos müde als sie die
silbrig glänzende “Fröhliche Weihnachten – Standardkarte” mit diesem hastigen Gekritzel auf
der Innenseite las:

Gutschein
für
eine Reise nach Paris

„Danke“, sagte sie leise.

Morgen würde sie diesen Zettel zu den anderen legen.
In den Bügeleisenkarton.
Zu den anderen verlorenen Träumen.

Und zu ihrer Kontokarte. Warum sie diese wertlosen Zettel seit Jahren hütete, wusste sie
nicht. Warum die Kontokarte, sehr wohl.