Glücksspielwerbung: Einfluss und gesellschaftliche Folgen

Werbung für Glücksspiele ist allgegenwärtig – in Zeitungen und Zeitschriften, im TV, im Internet und sogar beim Sport als Trikot- oder Bandenwerbung. Zusätzlich fließen Gelder für Sponsoring und Partnerschaften: Tipico ist Sponsor der ARD-Sportschau, das Stadion in Düsseldorf heißt „Merkur Spiel-Arena“, der Deutsche Fußballbund führt eine Partnerschaft mit „bwin“ und „tipwin“ ist offizieller Premium-Partner des Deutschen Basketball Bundes. Die Liste ließe sich beliebig lang fortführen.

Werbeausgaben von Glücksspiel-Anbietern

Ihre Werbung lassen sich die Glücksspielunternehmen so einiges kosten: Im Jahr 2020 haben die Werbeausgaben lt. Nielsen Media Research mit 895 Millionen Euro einen neuen Rekord geknackt! Das ist ein Zuwachs von 24 % gegenüber 2019. Davon wendeten allein die Anbieter von Sportwetten und Onlinecasinos 617 Millionen Euro für ihre Werbung auf. Diese Zahlen legt der Geschäftsbericht von Lotto Brandenburg 2020 offen.

Die Werbung für bis dahin illegale Online-Casinos machte mit 42 % sogar den größten Anteil der Werbeausgaben aus, wie die Auswertung von Statista für den Zeitraum bis Juni 2021 zeigt.

Vorgaben für Glücksspielwerbung

Im Juli 2021 ist der neue Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV 2021) in Kraft getreten. Er gibt vor, dass Art und Umfang von Werbung für Glücksspiele nicht seinen Zielen zuwiderlaufen darf – also den Jugend- und Spielerschutz sowie die Suchtprävention und -bekämpfung nicht behindern darf (§ 5 Abs. 2). In den Erläuterungen zum GlüStV 2021 ist festgehalten, dass Glücksspielwerbung verstärkt spielanreizend wirkt und zu Fehlvorstellungen über die Beeinflussbarkeit des Glücksspielergebnisses führt. Diese Wirkung, insbesondere auf Jugendliche, wurde bereits im Abschlussbericht einer durch das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen beauftragten Studie dokumentiert und sie gilt es zu verhindern.

Die einzig erlaubte Werbung dient den Erläuterungen zum GlüStV 2021 nach dazu, „möglichst viele der ohnehin spielentschlossenen Personen in dem erlaubten Markt zu halten bzw. dorthin zu kanalisieren“ (S. 43).

Realitäts-Check

Tatsächlich scheint die allgegenwärtige Werbung jedoch ganz andere Ziele zu verfolgen: Buth et al. (2021) konnten in Ihrer Studie zum Glücksspielverhalten während der COVID-19 Pandemie zeigen, dass drei von zehn Personen, die zum ersten Mal an Glücksspielen teilnahmen, durch Werbung dazu animiert wurden. Personen, die auch vorher schon an Glücksspielen teilgenommen haben, hat Werbung zur Steigerung ihrer Glücksspielteilnahme geführt – vier von zehn dieser Personen haben verstärkt an Glücksspielen teilgenommen und führten das auf die Wahrnehmung von Werbung zurück.

Werbung ist also ein wichtiger Anreiz für die Teilnahme an Glücksspielen – ihre Wirkung empirisch untermauert: Newall et al. (2019) konnten in ihrer Studie Gambling Marketing from 2014 to 2018: a Literature Review zeigen, dass Glücksspielwerbung insbesondere gefährdete Gruppen wie beispielsweise Kinder oder Personen mit problematischem Glücksspielverhalten beeinflusst und dass die Wahrnehmung von Glücksspielwerbung mit häufigerem und riskanterem Glücksspielverhalten einhergeht.

Forschende der Universitäten Glasgow, London und Stirling kamen zu gleichen Ergebnissen. In ihrer aktuellen Studie vom Juli 2022 haben sie den Zusammenhang zwischen Glücksspielwerbung und ungeplanten Glücksspielausgaben untersucht: 31,2 % der von ihnen befragten rund 3.000 Sportwetter*innen gaben an, durch Werbung zusätzliche ungeplante Wetten abgeschlossen zu haben. Personen mit problematischen Wettverhalten gaben sogar zu 87 % an, durch Werbung weitere ungeplante Wetten platziert zu haben.

Initiativen

Bei dieser Faktenlage wundert es wenig, dass sich immer mehr Menschen dafür aussprechen, Glücksspielwerbung streng zu regulieren, wie zum Beispiel das Bündnis gegen Sportwetten-Werbung (BgSwW): Es setzt sich für die weitest gehende Einschränkung von Sportwetten-Werbung ein und fordert die beteiligten Institutionen im Sport zur Wahrnehmung ihrer gesellschaftlichen Verantwortung und zur Stärkung von Forschung und Prävention auf. Das BgSwW ist ein auf Initiative von Fan-Organisationen im Fußball gegründetes Bündnis, das Institutionen und Einzelpersonen miteinander verbindet, die zur Thematik Sportwetten (und Glücksspiel allgemein) in der Präventionsarbeit, Forschung, Sucht- und Selbsthilfe tätig sind oder ein persönliches Interesse an der Unterstützung der Ziele des Bündnisses haben.