Im November 2023 wurde ein Eckpunktepapier zur Modernisierung des Strafgesetzbuchs durch das Bundesministerium der Justiz veröffentlicht. Darin wurde u. a. die Aufhebung der §§ 284, 285, 286 und 287 im Strafgesetzbuch vorgeschlagen. Das hätte weitreichende Folgen: Illegales Glücksspiel würde nicht mehr durch die Polizei und Staatsanwaltschaften verfolgt, sondern ausschließlich durch kommunale Ordnungsbehörden. Da sie über deutlich geringere Möglichkeiten und Befugnisse bei der Ermittlung und Verfolgung von Verstößen verfügen, würde das zu einer erheblichen Stärkung der Geldwäscheaktivitäten organisierter Kriminalität führen.
Das Volumen illegalen Glücksspiels
Umgangssprachlich wird für illegales Glücksspiel häufig die Terminologie „Glücksspiel im Hinterzimmer“ verwendet. Dem tatsächlichen Volumen des illegalen Glücksspiels wird das jedoch nicht gerecht. Schon jetzt hat die organisierte Kriminalität das illegale Glücksspiel zu einer ihrer wichtigen Einnahmequellen gemacht. Die relativ niedrigen zu erwartenden Strafen dürften ein wichtiger Grund dafür sein. Bei polizeilichen Einsätzen werden regelmäßig Spieltische in sogenannten Hinterzimmern vorgefunden, auf denen hohe Bargeldbeträge gesetzt werden. Auch Würfelspiele und illegale Geldspielgeräte machen einen großen Teil der Umsätze durch illegales Glücksspiel aus.
Europaweit gilt das illegale Glücksspiel als Hauptzweig der Geldwäsche: Nach der Veröffentlichung des Bundesministeriums des Innern und für Heimat stellen Drogenhandel, Prostitution, illegales Glücksspiel und Waffenhandel die Hauptbetätigungsfelder der organisierten Kriminalität.
Auswirkungen auf Teilnehmende an illegalen Glücksspielen
Aus unserer Erfahrung lässt sich feststellen, dass Teilnehmende an illegalen Glücksspielen oft besonders dringend Hilfe bräuchten – aber kaum Möglichkeiten haben, diese in Anspruch zu nehmen. Das liegt auch daran, dass pathologisch Glücksspielende oft verschuldet sind. Wer sich dann auch Geld bei Kriminellen leiht – oft zu Wucherzinsen – muss fürchten, dass die Eintreibung mit kriminellen Methoden erfolgt: von Drohungen bis zu Körperverletzungen werden berichtet.
Insbesondere pathologisch Glücksspielende haben so kaum Möglichkeiten, aus dem illegalen Glücksspiel auszusteigen: Ein Ausschluss vom Glücksspiel über das OASIS-Sperrsystem ist nur für legale Glücksspiele möglich und aus Angst vor Repressalien ist sowohl der Zugang zum Hilfesystem versperrt als auch eine Anzeige mit Aussage als Zeugin oder Zeuge nur schwer möglich. Diesen Personen erscheint manchmal ein Suizid als einziger Ausweg, um zumindest ihre Familien vor Repressalien zu schützen. Nur in sehr seltenen Ausnahmen wenden sich Betroffene in dieser Lage an Außenstehende. Das Hilfetelefon Glücksspielsucht und die Onlineberatung ausgezockt bieten auch in solchen Situationen anonyme und kostenfreie Unterstützung.
Fazit
Um einen Betrug, Geldwäsche oder Steuerhinterziehung durch illegales Glücksspiel aufzudecken, sind in der Praxis immer erst Ermittlungen zum illegalen Glücksspiel erforderlich. Können diese nicht mehr mit polizeilichen Mitteln erfolgen, bleibt das illegale Glücksspiel unentdeckt und mit ihm auch die Folge- und Begleitverstöße. Damit würde Akteuren der organisierten Kriminalität quasi Straffreiheit für eine ihrer wichtigen Einnahmequellen zugesichert. Des Weiteren ist damit zu rechnen, dass die Suizidrate bei pathologisch Glücksspielenden im illegalen Glücksspiel steigen könnte.
Außerdem ist davon auszugehen, dass die Akteure und Strukturen der organisierten Kriminalität von einer Streichung der §§ 284 ff. StGB profitieren werden. Da das illegale Glücksspiel im EU-Ausland strenger sanktioniert wird als in Deutschland, ist zudem zu erwarten, dass Personen aus der organisierten Kriminalität wie z. B. Clans verstärkt in Deutschland tätig werden.
Das illegale Glücksspiel stellt eine Hauptquelle der Geldwäscheaktivitäten der organisierten Kriminalität dar. Eine Abschaffung der Strafbarkeit wäre ein Akt unmittelbarer Förderung der Geldwäsche. Vor dem Hintergrund der Bedeutung der Bekämpfung von Geldwäsche auf allen Ebenen wäre daher eine solche Legalisierung krimineller Aktivitäten kontraproduktiv.
