Interview zur Glücksspielsperre

Ich lasse mich sperren – und alles wird gut?!

Seit über einem Jahr gibt es nun die Möglichkeit, sich für Glücksspiele sperren zu lassen. Das Sperrsystem OASIS macht bundesweite Sperren für alle Arten von Glücksspielen möglich. Doch was bei Glücksspielenden sehr beliebt ist, funktioniert nach über einem Jahr noch immer nicht überall sicher. Welchen Sinn macht die Glücksspielsperre also?

Unser Hilfetelefon und die Onlineberatung „ausgezockt“ erreichen täglich Anrufe und Mails mit Nachfragen zur Glücksspielsperre, Sperrwünschen oder auch mit Beschwerden, weil die Sperre nicht so funktioniert, wie man es sich erhofft hatte. Dabei zeigt sich oft, dass Betroffene den Wunsch hatten, mit der Beantragung ihrer Sperre die Glücksspielsucht hinter sich zu lassen. Doch funktioniert das? Darüber haben wir in einem Interview mit Verena Küpperbusch, Leiterin der Landesfachstelle Glücksspielsucht, gesprochen:

Frage: Die Glücksspielsperre greift bis heute leider nicht überall. Noch immer sind manche Betriebe nicht an das Sperrsystem angeschlossen und insbesondere im Internet gibt es viele Glücksspielangebote, die keine Zulassung auf dem deutschen Glücksspielmarkt haben. Was bringt es mir also, wenn ich mich beim Sperrsystem OASIS für Glücksspiele sperren lasse – macht das überhaupt Sinn?

Verena Küpperbusch: Ja, das denke ich schon – auch wenn ich mir dringend wünsche, dass die Sperre endlich überall sicher umgesetzt wird. Dennoch eignet sie sich für den ersten Schritt beim Herauswachsen aus der Glücksspielsucht. Sie bringt etwas mehr Sicherheit, um nicht so leicht rückfällig zu werden. Oft macht dieser erste Schritt eine gute Behandlung der Glücksspielsucht erst möglich. Hinzu kommt, wer sich sperren lässt, zeigt deutlich – jetzt ist Schluss und ich ändere etwas in meinem Leben. Zudem ist den meisten schon die Vorstellung unangenehm, sie würden abgewiesen, wenn sie trotz Sperre versuchen sollten, an Glücksspielen teilzunehmen. Diese Situation möchten sich viele Gesperrte lieber ersparen und versuchen daher nach der Beantragung der Sperre nicht nochmal an Glücksspielen teilzunehmen. All das ist eine sinnvolle Unterstützung. Aber mehr als ein erster Schritt ist die Sperre leider keinesfalls.

Frage: Warum sollte ich denn noch mehr tun, wenn ich mit der Sperre nicht mehr an Glücksspielen teilnehmen kann?

Verena Küpperbusch: Viele glücksspielsüchtige Menschen nutzen das Glücksspielen beispielsweise, um ihre Gefühle zu regulieren. Sie nehmen an Glücksspielen teil, um Belastungen und Stress auszublenden. Das Glücksspielen nimmt sie vollständig ein und die Probleme, die sie sonst belasten, treten eine Zeitlang in den Hintergrund. Wenn diese Personen nun nicht mehr an Glücksspielen teilnehmen können, bleiben ihre Probleme, Belastungen oder der Stress trotzdem vorhanden. Dann ist es für sie wichtig zu lernen, mit all dem anders umzugehen – also ihre Probleme zu lösen, statt auszublenden und Wege zur Entspannung und Erholung zu finden.

Frage: Das ist mit Sicherheit nicht so einfach. Was kann dabei helfen, wenn die Probleme zu groß geworden sind?

Verena Küpperbusch: Wenn jemand feststellt, dass er oder sie Probleme viel zu lange vor sich hergeschoben hat und sie über den Kopf gewachsen sind, hilft eine Suchtberatung: Sie unterstützt bei der Schuldenregulierung, hilft, die eigenen Fähigkeiten wiederzuentdecken und das Selbstvertrauen zu stärken oder gibt praktische Tipps an die Hand. Zusätzlich finden neben den Betroffenen auch ihre Angehörigen hier Hilfe und Rat.

Frage: Bei Glücksspielen im Internet reicht die Sperre oft nicht aus. Wie kann man sich hier zusätzlich schützen?

Verena Küpperbusch: Die OASIS-Glücksspielsperre greift nur bei den Glücksspielangeboten, die in Deutschland eine Erlaubnis haben. Welche das sind, wird in der White-List veröffentlicht. Für Glücksspiele im Internet, die nicht auf dieser Liste geführt werden und daher keine Erlaubnis auf dem deutschen Markt haben, greift die OASIS-Glücksspielsperre nicht. Hier sollte man sich mithilfe einer Sperrsoftware schützen. Sie verhindert den Zugriff auf Internetseiten mit Glücksspielen. Von Nutzer*innen werden beispielsweise GamBlock, Gamban oder betblocker als gute Filter bewertet. Für Handys mit Android-Betriebssystem empfiehlt sich ebenfalls eine Sperrsoftware von SecureTeen.

Frage: Und was sollte ich als nächstes tun, wenn ich mich über OASIS gesperrt habe und eine Sperrsoftware auf allen internetfähigen Geräten installiert habe?

Verena Küpperbusch: Dann solltest du überlegen, wann – also in welchen Situationen – du bisher an Glücksspielen teilgenommen hast: Wolltest du, wie oben beschrieben, abschalten? Oder hast du an Glücksspielen teilgenommen, weil du gehofft hast, mit dem Gewinn endlich alle Schulden bezahlen zu können? Hast du gespielt, weil dich der Nervenkitzel gereizt hat? Wolltest du deine Verluste zurückbekommen? Die Antworten auf diese Fragen helfen dabei, einen Weg aus der Sucht zu finden, der für dich persönlich gut funktioniert.

Frage: Wann sollte ich in eine Beratungsstelle gehen?

Verena Küpperbusch: Jederzeit – wann immer du dir Unterstützung wünscht, ist es sinnvoll sich an eine Beratungsstelle zu wenden: Sie helfen bei der Beantragung der Glücksspielsperre, sie helfen herauszufinden, wieso du an Glücksspielen teilnimmst und unterstützen dich, wenn du einen Rückfall hast. Wer sich erstmal orientieren möchte, wo es eine passende Beratungsstelle gibt oder wie eine Beratung abläuft, kann sich gern jederzeit an unser Hilfetelefon oder die Onlineberatung „ausgezockt“ wenden. Unser Beratungsteam unterstützt Ratsuchende, die

  • sich ein unverbindliches Informationsgespräch wünschen,
  • unsicher sind, ob sie ein Glücksspiel-Problem haben,
  • Angehörige von Glücksspielsüchtigen sind,
  • Fragen zu Beratungs- und Behandlungsmöglichkeiten haben,
  • Adressen von Beratungsstellen, Reha-Einrichtungen oder Selbsthilfegruppen suchen,
  • mit Experten über ihr persönliches Anliegen sprechen möchten,
  • in einer Krise schnelle und unbürokratische Hilfe brauchen und
  • sich anonym beraten lassen möchten.